Die Einberechnung von Lebensarbeitszeitverlängerungen im Stellenhaushalt der Polizei durch das Landespolizeipräsidium in dreistelliger Höhe ist nicht nur falsch, sondern auch unredlich. Einfach bildlich dargestellt bedeutet dies, dass z.B. der Supermarktbetreiber bereits im Vorfeld in seinen Umsatz Produkte einberechnet, welche er dem Kunden über das Verfallsdatum hinaus verkaufen muss.

Es ist mit Sicherheit richtig, dass es die Möglichkeit zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit gibt. Unsere Gesellschaft wird allgemein älter und die Kolleginnen und Kollegen sind oftmals nicht nur in der Lage, sondern auch mit dem entsprechenden Willen ausgestattet die ausgeführte Tätigkeit über das bisherige Pensionsalter auszuüben. Wir beklagen überall Fachkräftemangel und das Ausbluten von erfahrenen Kräften, so dass man die Lebensarbeitszeitverlängerung auch als Chance verstehen muss. Gleichfalls sind es auch die ganz persönlichen Umstände, welche als Anlass zur Verlängerung herangezogen werden.

Wichtig ist, dass es nicht zur Pflicht wird seine Lebensarbeitszeit zu verlängern!

Aus Sicht der Gewerkschaft ist es immer eine Gratwanderung, dass man Erreichtes unter Umständen in Frage oder zur Diskussion stellt. Jedoch muss man andererseits auch das Erfordernis und die Dynamik in der Sache sehen.

Wie wollen wir in Zukunft Kolleginnen und Kollegen, mit der erforderlichen Qualität und Menge für den Berufszweig Polizei begeistern? Diese Fragestellung stellt sich vielfältig dar, allgemein ist es wichtig die Attraktivität im Bereich Besoldung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und das ganz persönliche Fortkommen, die Karrierechancen, zu steigern.

Im Zusammenhang zur Lebensarbeitszeitverlängerung stellt sich jedoch eine weitere Frage die der Entscheidung zur Verlängerung vorgeschaltet ist. Was kann der Dienstherr für die Kolleginnen und Kollegen tun, damit die Verlängerung sowohl physisch wie auch psychisch in Betracht kommt? Die Gedanken und Entscheidung hin zur Verlängerung fällt in der Regel in den letzten Jahren vor der Pensionierung. Die Grundlage hierzu muss viel früher gelegt werden.

Die Vereinbarkeit der beruflichen Tätigkeit mit dem privaten Umfeld ist der wichtigste Punkt, d.h. eine gesunde und folglich zufriedene Lebensgestaltung.  Belastungsschwellen müssen frühzeitig erkannt, ausgewertet und entsprechenden Lösungen zugeführt werden. Reine Alibi-Analysen und damit einhergehend halbherziges Tätigwerden müssen ausbleiben.

Im Gesamtgefüge ist z.B. die Einführung einer Kur, alle zwei Jahre, für jede Kollegin und Kollegen im WSD und Ermittlungsdienst der DEG‘en und Kommissariate eine Grundforderung gewerkschaftlichen Handelns. Gleichfalls kann die Ausgestaltung von Dienst- und Gesundheitssport mit der Hinterlegung eines Punktesystems zu einer Verbesserung der allgemeinen Fitness führen. Hierzu bedarf es jedoch der Möglichkeit dazu und zwar im Rahmen des täglichen Dienstes.  Ohne Zweifel wurde mit den Angeboten der betriebsärztlichen Vorsorge und dem Programm „gesunde Polizei“ eine Menge getan, jedoch ist zu hinterfragen was bei den Bediensteten ankommt und auch in Anspruch genommen werden kann.

Ein weiterer Punkt ist die Gestaltung des Arbeitsumfeldes. Zu kleine, schlecht belüftete und beleuchtete Räume führen zu Frustration und Konflikten. Die Möglichkeit zur Wahrnehmung der Pause oder nur die Einnahme von Mahlzeiten, abseits von Büro, Schreibtisch und ständiger Verfügbarkeit muss gegeben sein. Der soziale Kontakt zur Kollegin und Kollegen, zur Vorgesetzten und zum Vorgesetzten muss ohne dienstlichen Bezug möglich sein, nur so hat das Erkennen von Problemen und die einvernehmliche Beseitigung eine Chance. In einem unbelasteten Klima ist Arbeit einfacher. Nicht ohne Grund gehen viele Unternehmen in der Wirtschaft den Weg, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter über den Wohlfühlfaktor weitere Motivation für ihre Arbeit bekommen.

Sicher sind noch viele weitere Punkte zu benennen, im Übrigen nicht nur um die Lebensarbeitszeit zu verlängern. Das Genannte ist ein wichtiger Bestandteil für motivierte und gute Arbeit insgesamt.

Abschließend ist noch ein wichtiger Punkt in den Fokus zu rücken. In der Regel verlängern zur Zeit Kolleginnen und Kollegen, welche in Führungsämtern ihren Dienst verrichten. Für die nachrückenden Führungskräfte bedeutet dies, dass die nächste Beförderung oder auch nur die Übernahme der Führungsverantwortung in der OE weiter nach hinten verschoben wird. Aus dieser Feststellung heraus, muss die Bildung eines Sondertopfes für Lebensarbeitszeitverlängerungen und dem damit verbunden „on top“ Gedanken durch die Verantwortlichen, also Politik und LPP, erfolgen.  Nur mit der Ausgliederung der Stellen und der damit verbundenen Ämter in einen gesonderten Bereich, wird die Perspektive für die zukünftigen Führungskräfte gestärkt. Beförderungen und Übernahmen von Führungsverantwortung sind früher möglich.

Gewerkschaft bedeutet Themen zu benennen und durch formulierte Forderungen im Dialog mit den Verantwortlichen zu guten Lösungen zu führen. Bei der Lebensarbeitszeit kommt es noch mehr auf die vielen Beteiligten im Gesamtkontext an, so dass Grundforderungen durchaus berechtigt sind. Der Dialog und die gemeinsame Entwicklung eines Weges sind hier wichtiger als je zuvor.

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